Du befindest Dich an der zweiten Station vor einem Friseursalon und dem Verein "Tiere in Not". In diesem Gebäude befand sich in den 1990er und 2000er Jahren der Jugendclub "Piccolo".
Hier ist das Video zu diesem Ort:
Im Video sprechen der frühere Jugendclubleiter Peter B. und die pädagogische Mitarbeiterin Frau G.
Peter B.: "Hier im Haus hatten wir ganz unterschiedliche Klientelgruppen. Wir hatten ganz normale jugendliche Gäste, das waren so 10 bis 20. Die waren unsere eigentliche Zielgruppe. Aber für ein paar Jahre in den Neunzigern war das Piccolo ganz klar ein Treffpunkt der rechten Szene. Vom NSU hatte ich allerdings keinerlei Kenntnis."
Frau G.: "Die Linken und Rechten hatten die verschiedenen Clubs im Heckert untereinander aufgeteilt. Im Piccolo hatten wir jeden Tag mit den Rechten zu tun. Da gab es die Organisierten und die Mitläufer. Der harte Kern sprach kaum mit uns Angestellten. Sobald es spezieller wurde, brachen sie das Gespräch ab. "
Peter B.: "Das waren rund 10 straffe, organisierte Neonazis. Die konnten wir auch nicht aus dem Club verweisen, denn die waren ziemlich intelligent und geschickt. Ihre politischen Aktivitäten haben sie vor uns Sozialarbeitern verborgen. So grundsätzlich waren die auch eher unzugänglich. Aber einer hatte mir mal von seinem Antrieb erzählt: Sein Großvater ist grausam in einem russischen Gulag umgekommen. Das fand ich in dem Moment zwar ehrlich, aber für mich nur schwer nachvollziehbar."
Frau G.: "Andere Jugendliche reinzuholen, also Linke oder Neutrale, war schwierig bis unmöglich. Viele trauten sich nicht rein oder es gab Verbote von den Eltern. Der Club hatte einen schlechten Ruf. Wir hatten sieben Tage die Woche geöffnet. Es ging vor allem darum, dass die Jugendlichen nicht auf der Straße sind."
Peter B.: "Und dann hatten wir noch einige Hooligans, also Leute, die zwar auch rassistisch und antisemitisch geprägt waren, aber viel mehr Interesse an Randalen hatten. Das waren so an die 30 bis 40 Leute, die haben teilweise zu Hoonara und Haller Security gehört. Mit denen konnte man reden, und die haben auch mal an Freizeitfahrten teilgenommen. Auch wenn mir keine konkreten Straffälle bekannt waren, weiß ich, dass es Überfälle gegen Linke oder Andersaussehende gab."
Frau G.: "Eine spezielle Ausbildung für dieses Klientel hatte ich nicht, so wie die anderen Kollegen auch. Ich hatte mich als gelernte Erzieherin auf die Stelle im Piccolo beworben, vorher arbeitete ich im Kindergarten. Und dann ging es von heute auf morgen los. Ich sollte zwar berufsbegleitend Sozialpädagogik studieren, doch das ging nicht, weil die Studiengänge alle überfüllt waren."
Peter B.: "Klar haben wir auch versucht, das rechte Gedankengut im Club zu thematisieren. Doch es ist oft nur beim Versuch geblieben. Wir haben ja auch nach dem akzeptierenden Ansatz gearbeitet. Das heißt, wir lassen jeden rein und nehmen ihn, wie er ist. Dafür legt man die Annahme zu Grunde, dass man ein vollständiges Abrutschen verhindert, indem auch mit Extremen integrativ arbeitet. Letztendlich hat das aber die Rechten eher gestärkt. Ich hätte mir dafür Supervision gewünscht. Aber es kam von oben wenig Unterstützung. Einmal warfen wir ein paar Rechte wegen massiven Alkoholverstößen raus. Dann gab es Anwohnerbeschwerden. Mein Abteilungsleiter sagte dann: 'Holt die wieder rein'."
Frau G.: "Die rauszusschmeißen ging nicht. Jeder pädagogische Ansatz wurde von den Vorgesetzten ausgehebelt, um Ruhe im Viertel zu haben. Manchmal wurden andere Jugendclubs von unserem Klientel bedroht. Unsere Meldungen dazu wurden von den Obrigkeiten ignoriert. Manchmal war die Polizei da, aber oft erst, als es zu spät war. Es war eine anstrengende Zeit. Wir fühlten uns allein gelassen und machten viele Überstunden. Es gab auch Übergriffe auf meine Person. Einmal klauten Jugendliche mein Auto und fuhren es zu Schrott."
Nun geht es zu Station 3! Begib Dich zur Adresse "Johannes-Dick-Straße 2".